Dieses Jahr steht für mich per für sehr viel Veränderung. Aber auch für Comebacks. Und mir meinen Laptop zu schnappen, und wild meine Gedanken in die Tastatur zu tackern, ist wohl eines der schönsten für mich.
Zu lange ich innerlich gehemmt. Zu viele Blockaden, die die letzten Jahre in Form einer Posttraumatischen Belastungsstörung hinterlassen haben. Hab auch grad mal geschaut, mein wirklich letzter wirklich ernsterer Blog Post hier ist nun rund 5 Jahre her.
Danach wurde es eher seicht.
Glaubt mir, an Themen, die ich teilen und beleuchten möchte, daran mangelt es nicht. Ich muss eher schauen, WIE ich sie verpacke. Brauche, wie jetzt, die Muse sie als Text festzuhalten.
Doch was mich heute beschäftigt ist mir sehr wichtig. Denn es hat mit dem Umgang mit unseren Mitmenschen zu tun. Gerade denen die in unserer Gesellschaft eher unsichtbar gemacht werden. Dazu muss ich etwas ausholen, aber das ist wichtig damit versteht, wie sich alles fügt.


Einmal alles auf Links bitte
Kennt ihr diese Tage, die sich einfach richtig anfühlen? Als ob ihr den richtigen Weg in eurem Leben geht? Ich hatte vergangenen Sonntag genau so einen Tag. Doch es hat so einige Schritte gebraucht bis zu diesem Tag. Den Anfang machte wohl meine Entscheidung, zum 01.01.25, der Partei „Die Linke“ als aktives Mitglied beizutreten. Es hat dann einige Wochen gedauert, bis ich es dann an eben besagten Sonntag zum Neumitglieder Treffen geschafft hatte.
Ich muss auch meiner Freundin Natalie danken, dass sie a) mit mir in die Partei eingetreten ist und b) mich aufmerksam gemacht hat, dass dieses Treffen stattfindet. Denn den ersten Termin in diesem Jahr konnte ich leider nicht wahrnehmen.
Die Einzigartigkeit jedes Einzelnen
So kam es, dass ich am Sonntag in der Hofeinfahrt des Linken Büros Mannheims stand und in verschiedenen kleinen Kreisen mich neuen Menschen vorstellte und auch sie kennenlernte. Direkt ist aufgefallen, WIE unterschiedlich wir doch alle wieder sind. Aussehen, Sprache, Herkunft und Geschlecht.
Was mir direkt positiv aufgefallen ist war die Inklusion von Menschen mit einer Behinderung. Denn so gab es ein Neumitglied im Rollstuhl und auch einen Mann mit halbseitiger Lähmung.
Und letzterer ist der Grund für diesen Post. Denn so schön es war ihn kennengelernt zu haben, so sehr hat es mir auch das Herz gebrochen.
Wenn man ihn sieht, ist es offensichtlich das er eine körperliche Behinderung hat. Was dazu verleitet ihn direkt in eine Schublade zu stecken, dass er auch eine geistige Behinderung hat. Und damit meine ich, dass viele Menschen direkt davon ausgehen, nur weil er sprachlich anders ausdrückt, er langsamer redet und sein Aussehen anders ist, er intellektuell nicht genauso mithalten kann wie alle anderen auch.
Ich versuche jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist. Deswegen war ich auch sehr aufgeschlossen, als er mit mir in einem dieser Kreise stand und seine Beweggründe erzählt hat, der Partei beizutreten. Und mein Interesse an ihm war geweckt, als er sagte: „Es ist so schön, wie wir alle einzigartig sind“.

NEVER judge a book by ist cover
Und ja, ich muss zugeben, auch wenn mein Interesse geweckt war. So wusste ich zuerst nicht mit ihm umzugehen. Ich weiß das es daran liegt, dass in meinem Alltag Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderung gen 0 geht.
Das letzte Mal wirklich viel Umgang hatte ich, als ich mit meinem ersten Freund zusammen war. Sein Bruder war körperlich und geistig behindert. Und das ist nun fast 17 Jahre her. Aber ich glaube, dadurch ist die Hürde oder Hemmschwelle niedriger.
Daher habe ich mich auch mit ihm im Laufe des Nachmittags öfter unterhalten und habe aus den vereinzelten Small Talks mit ihm, so viel Unglaubliches über ihn erfahren.
Sodass ich mich für meinen eigenen anfänglichen Umgang mit ihm geschämt habe. Und noch viel mehr von so vielen der Anderen vor Ort.
Weil man hat einfach gemerkt, wie eher ein Bogen um ihn gemacht wurde. Denke, dadurch habe ich erst recht mich mehr mit ihm unterhalten, weil ich nicht wollte dass er sich ausgeschlossen fühlt.
Von unsichtbar zu sichtbar
Wie gesagt, je länger ich mich mit ihm unterhalten habe, desto toller fand ich ihn. Und desto trauriger wurde ich. Denn viel zu oft schreiben wir Menschen, mit offensichtlicher, Behinderung ab. Sprechen ihnen insgeheim ab, gute politische Einstellungen zu haben, ein aufrichtiges Herz oder gar sich in die Gemeinschaft einbringen zu können.
BUT they proof u wrong!
Er hat mir erzählt dass er ehrenamtlich arbeitet. Er hatte einen Jutebeutel dabei in dem seine Boule Kugeln waren, da er in einer Kreisliga Boule spielt! Er hilft Obdachtlosen. Gibt sogar sein letztes Geld dafür aus, um Ihnen was zu trinken zu kaufen.
Unsere aktuelle politische Lage macht ihm genauso Sorgen und erst recht wie die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben wird.
Wie sagte er so treffend?
Man will, dass wir alle gleich sind und alle die anders sind weggedrängt oder gar unsichtbar gemacht werden.
Und jetzt kommt der Part, der mir am meisten weh getan hat. Als ich ihn aus echter Neugier fragte, ob sich viele Menschen generell so deep mit ihm unterhalten würden, wie ich es gerade tat, schüttelte er leicht traurig den Kopf und brachte ein kleines „Nein“ heraus. Und ich hatte es ja gesehen, es waren fast 40 Leute da, aber kaum jemand hat sich so mit ihm unterhalten wie ich.
Und ich habe richtig gesehen, wie er aufgeblüht ist bei der Unterhaltung. Es war mir daher dann sehr wichtig, dass er sich gesehen und gehört fühlt.
Habe letztens in dem Video „Heidi zerstört Merz komplett – und ich liebs!“ von Aljosha etwas zu Entmenschlichungen zu Obdachlosen gesehen (Ab 07:25). Obdachtlose werden wie eine graue Masse gesehen. Man bemüht sich noch nicht mal sie nach ihrem Namen zu fragen! Und jetzt fragt euch mal selbst, wie würdet ihr euch fühlen, wenn niemand euch nach eurem Namen mehr fragen würde? Wenn niemand mehr Interesse an euch und euren Gedanken hätte?

Mut zur Vielfalt
Es erfordert definitiv Mut, aber wir müssen mehr auf Menschen die vermeintlich „anders“ sind zugehen. Ihnen zuhören. Sie endlich mehr in unsere Mitte holen. Von unseren verdammten privilegierten Rössern klettern (am besten getreten werden) und andere Lebensarten anerkennen und akzeptieren*.
Wie ich es mit ihm drüber hatte, wir müssen aufhören nur auf unseren eigenen Teller zu schauen und die Scheuklappen ablegen.
Aber vor allem verdammt nochmal aufhören Menschen auszuschließen!
Sei es Zugang zu gesellschaftlichen Aktivitäten, zu Häusern oder zu Gesprächen. Wir haben noch so viel Nachholbedarf.
Mein Herz war gefüllt von neuen Begegnungen, neuer Hoffnung und Tatendrang, aber genauso schwer, weil ich inmitten dieses ganzen Neuen auch altes Leid gesehen habe.
Lasst uns wieder menschlich werden
Ja ich weiß, dass ich mir auch an die eigene Nase packen muss. Aber ich gehe ganz offen damit um, dass ich es auch nicht immer direkt schaffe. Aber ich kann sagen, dass ich es weit mehr als viele andere versuche.
Daher mein Appell, meine Bitte, an euch: Versucht euren eigenen Umgang mit Menschen, die anders sind zu hinterfragen. Habt den Mut auf sie zuzugehen. Euch mit Ihnen zu unterhalten und nicht über sie.
In diesem Sinne,
Rock on! Eure Dany
*natürlich sofern niemand jemand anderen mit Worten und Taten verletzt